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Rückblick: Fachtag "Dienstleistungen nachhaltig beschaffen" der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB)

Die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB) führte am 27.05.2025 einen Fachtag zum Thema „Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“ durch, der auf reges Interesse stieß.

Datum 19.08.2025

Screenshot der AgendaQuelle: KNB

Am Fachtag wurde in einem ersten Teil der KNB-Projektbericht „Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“ in einem Interview-Format mit der beauftragten Kanzlei präsentiert. Im zweiten Teil folgten verschiedene Praxisbeispiele, die unterschiedliche Ansätze aufzeigten. Im letzten Teil wurde die Unterarbeitsgruppe Dienstleistungen des IMA nöB vorgestellt und in einer Abschlussrunde die wichtigsten Erkenntnisse des Tages zusammengefasst und letzte Fragen beantwortet.

Nachfolgend finden Sie einen Rückblick zu den Inhalten der einzelnen Agendapunkten und die Präsentationen.

Begrüßung und Einführung - Ilse Beneke (KNB)

Titelfolie der Präsentation von Ilse Beneke (BeschA)Quelle: KNB

Ilse Beneke, Leiterin der KNB, ordnete die Gründe ein, die zur Ausschreibung des Projektberichts „Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“ geführt haben. Sie führte aus, welches große Interesse am Thema Dienstleistungen besteht, insbesondere durch dessen mehrdimensionalen Aufbau und mannigfaltige Ausgestaltungsmöglichkeiten.

Die Fragestellungen, die die KNB zum Thema Dienstleistungen erreichen, sind dabei sowohl in Ihrer Qualität als auch Komplexität äußerst divers. Daher ist es so wichtig einen Bericht gestaltet zu haben, welcher sowohl allgemein vergaberechtliche Einordnungen (mit Bezug zu Bund und Ländern) aber auch sehr detaillierte Einblicke in konkrete DL-Arten und Branchen umfasst. Insbesondere die tabellarischen Ausführungen, welche hierzu einen adäquaten, praktischen Blick auf einzelne Nachhaltigkeitskriterien, ihre Umsetzbarkeit im Vergabeprozess und die Marktgängigkeit geben, wurden von ihr besonders herausgestellt. Auch die Formulierungsbeispiele, die im dritten der insgesamt drei Teile von den Auftragnehmenden ausgearbeitet wurden, zeigen wie stark die KNB die Praxistauglichkeit bei den Ausarbeitungen des Projektberichts in den Blick genommen hat.

Dabei liegt dem Bericht zugrunde, dass DL in Ihren einzelnen Leistungsbestandteilen betrachtet wurden, sog. Prozessbausteine. Einige explizit betrachtete Prozessbausteine wie „Stromeinsatz“, „Mobilität“, „Gleichstellung“ oder „Personaleinsatz“ sind Bestandteil nahezu jeder Dienstleistungs-Art und können damit nicht nur Anhaltspunkt und Orientierungshilfe für die im Bericht betrachteten Branchen „Transport- und Kurier-DL“/ „IT-Weiterbildungs-DL“ sein, sondern bieten auch Adaptionsmöglichkeiten in weiteren Bereichen. Beispiele könnten Schulungs-DL, Forschungs-DL oder auch Speditions-DL sein. Jede DL-Art die in Ihrer Abwägung und dem Auftragsgegenstand einen Bezug zu den einzelnen Prozessbausteinen zulässt kann hier mitgedacht werden und zeigt im Projektbericht Potentiale für mehr Nachhaltigkeit auf.

Die Präsentation finden Sie hier.


Projektbericht „Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“ –
Genese und konkrete Inhalte für Beschaffende (Teil A & B) - Caroline von Bechtolsheim (Anwaltsbüro Gaßner, Groth, Siederer & Coll., GGSC)

Rechtsanwältin von Bechtolsheim (Anwaltsbüro GGSC) stellte als Auftragnehmerin, die gemeinsam mit ihrem Team mit der Erstellung des Projektberichts beauftragt worden war, die grundlegenden Erkenntnisse aus Teil A und B vor.

Im Teil A wird u.a. aus juristischer Sicht hergeleitet, warum die „alten“ Vorbehalte gegen die Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien nicht mehr tragen, auf welchen Ebenen diese angewendet werden können (v.a. Mindest- und Zuschlagskriterien), warum es in aller Regel dazu eine Abwägung braucht und wie diese funktionieren kann. Gerade bei Dienstleistungsvergaben setzt häufig schon die Frage, auf welchen Leistungsbestandteil bzw. „Prozessbaustein“ der Gesamtleistung Nachhaltigkeitskriterien angewendet werden sollen, eine Abwägung bzw. die Ausübung von Spielräumen voraus. Gibt es z.B. den politischen Willen, solche Kriterien einzusetzen, ist die Verwaltung aber skeptisch oder umgekehrt, kann die interessierte Vergabestelle hier Hilfe finden. Es ging GGSC auch darum, den Auftraggebern die Angst zu nehmen. Gut abgewogen ist halb gewonnen! Zur Verbildlichung wurde auf die Tabellen am Schluss des Teils A verwiesen, wo die wichtigsten Schritte und Abwägungsbelange skizziert werden.

In Teil B werden Hinweise zu einzelnen sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitskriterien gegeben, bzgl. derer nach Erfahrung der KNB bei öffentlichen Auftraggebern Informationsdefizite oder Berührungsängste für deren Anwendung zu verzeichnen waren. Wird der Einsatz eines dieser Kriterien erwogen, gibt es dazu nähere fachliche und vergaberechtliche Hinweise. Dafür wurden auch größtenteils landesrechtliche Vorgaben ausgewertet – wenn auch ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Als ein Beispiel wurden u.a. Umweltmanagementmaßnahmen genannt und Hinweise für die Abwägung gegeben. Ergibt die Abwägung, dass ein gesamtes Managementsystem abgefragt werden soll (s. dazu Hinweise im Projektbericht Teil B I.5), kann ein Argument für die Abfrage außerdem sein, dass die Zertifizierung dafür durch Dritte durchgeführt und überprüft wird und sie ein wirksames System für einen „Nachhaltigkeitscheck“ darstellen.

Rückfragen der Teilnehmenden sowie Antworten zum Vortrag:

Kann eine Aussage gemacht werden, ab welchem Auftragswert ein Umweltmanagementsystem gefordert werden darf, damit dies verhältnismäßig ist?
Es ist schwer das so konkret einzuordnen, als ganz grobe Denkrichtung könnte man ab einem 6-stelligen Auftragswert sicher überlegen damit zu arbeiten, bei einem 7-stelligen Auftragswert sollte es kein Problem sein (s. dazu auch Teil B I.5 des Projektberichts). Ergänzend kann angemerkt werden, dass auch die Komplexität des Auftrags dabei eine Rolle spielen kann. Der Markt wird nicht so stark beschränkt, wenn man mit Zuschlagskriterien arbeitet. Der ausreichende zeitliche Vorlauf vor der Auftragserteilung und Übergangszeiten bis zur Zertifizierung können auch hilfreiche Stellschrauben sein. Abgesehen vom Auftragswert kann auch die Umweltrelevanz bzw. können die voraussichtlichen negativen Auswirkungen der beauftragten Maßnahme auf die Umwelt ein Maßstab sein. Dann lässt sich ggf. auch besser begründen, dass der Markt u.U. dadurch in gewissem Umfang eingeschränkt wird (jedenfalls nicht so stark wie bei Mindestkriterien) und trotzdem mit Angeboten gerechnet werden kann.

Thema: Auftragsgegenstandsbezug. Können Sie das noch mal näher ausführen, was genau dort erforderlich ist? Insbesondere: Muss die Leistung dadurch "besser" werden? (Ergänzung: es geht um den Zusammenhang Nachhaltigkeitsanforderungen und Auftragsgegenstandsbezug)
Ab S. 12 des Teils A des Projektberichts finden sich dazu Ausführungen – nein, die Leistungen muss es nicht verbessern. Im Vergaberecht heißt es dazu „in Verbindung stehen“, oder „Prozesse im Zusammenhang mit“ – ein indirekter Bezug reicht also aus (s. zum Auftragsbezug Teil A IV. und VIII.2., v.a. lit c). Auch wenn sich Kriterien nicht direkt auf die materiellen Eigenschaften bzw. die Qualität der Dienstleistung beziehen oder sich darauf auswirken – eine irgendwie geartete Beziehung zur Leistung reicht aus (z.B. Bezug auf Herstellungsprozesse von zur Auftragserfüllung eingesetzten Gütern, oder Bezug auf soziale Rahmenbedingungen wie die Vergütung oder Arbeitszeiten von für die Auftragserfüllung eingesetzten Arbeitnehmenden).

Haben Sie einen praxistauglichen Fragenkatalog für die Eignung von Bietern, welche nicht über ein Umweltmanagementsystem nach EMAS bzw. ISO verfügen? Hat der Projektbericht hierfür Formulierungshilfen? Lassen sich diese einzelnen abgefragten Eignungskriterien dann in einer Wertungsmatrix zur Auswertung heranziehen?
Es kann dann zu überlegen sein, von den Bietern nur einzelne Maßnahmen abzufragen, die Bestandteil eins Umweltmanagementsystems sind (s. dazu schon oben). In Teil B unter I.5 sind solche Maßnahmen eigens aufgelistet. Am ehesten empfiehlt es sich – so auch der Bericht – falls solche Maßnahmen bei den Bietern noch nicht so verbreitet sind, Umweltmanagementmaßnahmen (und natürlich erst recht die Anwendung eines Umweltmanagementsystems) bei der Anwendung der Zuschlagskriterien zu belohnen: Dann kann den Bietern auch noch eine Übergangszeit bis zur Umsetzung eingeräumt werden (Eignungsanforderungen müssen sie dagegen in aller Regel bereits bei Angebotsabgabe einhalten). Falls ein Bieter sich dazu außerstande sieht, kann er notfalls bei den anderen Zuschlagskriterien kompensieren. Auch Mindestkriterien nach Ablauf einer Übergangszeit können erwogen werden, auch diese müssen grundsätzlich erst bei Leistungsbeginn eingehalten werden (bei Einräumung einer Übergangsfrist erst nach deren Ablauf).
Einzelne Fragestellungen, die bspw. für einen Austausch mit dem Markt genutzt werden können, lassen sich auch aus den Anhängen I und II des Projektberichts zu den quantitativen und qualitativen Befragungen hierzu verwenden. Siehe: https://www.nachhaltige-beschaffung.info/DE/Themen/2_0_1_DL-Projekt/DL-Projekt_node.html.

Bin ich rechtlich verpflichtet (woraus?), Umweltkriterien / Nachhaltigkeitsaspekte überhaupt zu fordern? Oder kann ich weitere Anforderungen stellen? Ist es ein Unterschied, ob ich Landes- oder Bundesbehörde bin? Muss ich bei freiberuflichen Leistungen nachhaltige Aspekte berücksichtigen?
Ja, es gibt rechtliche Verpflichtungen. Insbesondere in Teil B des Projektberichts werden die rechtlichen Verpflichtungen der Nachhaltigkeitsthemen referenziert, auch für die Landesebene.
Vor allem ist aber hier für Bundesauftraggeber (also auch Bundesbehörden) die AVV Klima zu nennen, die an mehreren Stellen Vorgaben für den Einsatz von Kriterien des Umwelt- und Klimaschutzes macht. Zudem ist von Bundesauftraggebern § 45 KrWG für ressourcenschonende Vergaben zu berücksichtigen. Für europaweite Vergaben für alle Arten öffentlicher Auftraggeber gilt überdies § 67 VgV für die Berücksichtigung der Energieeffizienz bei der Beschaffung von Gütern oder Dienstleistungen mit einem relevanten Energieverbrauch, das SaubFahrzBeschG für die von seinem Geltungsbereich umfasste Beschaffung oder den Einsatz von Fahrzeugen und § 121 GWB für die barrierefreie bzw. barrierearme Ausgestaltung von geeigneten Leistungen (s.o.). Für europaweite Vergaben freiberuflicher Leistungen wird aus § 76 VgV und den dortigen Bezug auf den „Leistungswettbewerb“ gefolgert, dass als Zuschlagskriterien nicht allein der Preis infrage kommen kann – das ist aber nicht unumstritten.
Für Landesauftraggeber gelten (neben den vorgenannten Verpflichtungen für europaweite Vergaben) in erster Linie Verpflichtungen aus den Landesvergabegesetzen, die sorgfältig studiert werden sollten.
In den jeweiligen Tabellen in Teil B und C finden sich jeweils auch Bezüge zu den rechtlichen Verpflichtungen.
Für die Bundesebene findet Sie im Übrigen auch hier eine Übersicht der Vorgaben: https://www.nachhaltige-beschaffung.info/DE/Themen/2_41_Regelungen/2_41_Regelungen_node.html

Wir organisieren viele Veranstaltungen, für die wir regelmäßig Dienstleistungen beschaffen, wie Hotel, Moderation, Bustransfer, Catering, etc. Gibt es in dem Bericht auch konkrete Informationen zu Nachhaltigkeitskriterien, die bei der Beschaffung der o.g. Dienstleistungen angewandt werden können?
In Teil B finden sich v.a. bei der Erörterung der Kriterien zur Bilanzierung, Verringerung und Kompensation von CO2-Emissionen (I.7) und zur Inklusion (I.1.) Hinweise und Hilfestellungen für die Ausschreibung der Ausgestaltung von Veranstaltungen, ebenso bei der Erörterung von Mobilitätskriterien (I.8.) und von Maßnahmen des Abfallmanagements bzw. der Ressourcenbewirtschaftung (I.9.). Bei stationären Präsenzveranstaltungen am Ort des Anbieters kann auch der Einsatz von Ökostrom eine Rolle spielen (s. dazu in Teil B I.6). Was die ressourcenschonende Vergabe angeht, macht es jedenfalls auch hier Sinn, zur Abfallvermeidung § 45 KrWG zu konsultieren und im Teil B des Projektberichts unter I.9 entsprechend nachzuschlagen.
Bei größeren Veranstaltungen mit einem höheren Auftragsvolumen ist zu überlegen, auch Umweltmanagementmaßnahmen abzufragen. Dann ist zu entscheiden, ob diese als Eignungsanforderungen verlangt oder als Zuschlagskriterien belohnt werden sollen. Im Teil C finden sich Formulierungsbeispiele zum Einsatz von sauberen Fahrzeugen und zur Inklusion (dort unter VII.2. a) und b). Ausdrücklich sind diese zwar auf den Sektor Transport und Kurier bezogen. Sie können aber als Ausgangspunkt auch für Ausschreibungen für Leistungen im Veranstaltungsgeschäft genutzt werden.
Im Übrigen wurden hierzu bereits im Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit im Anhang II ab S. 30 Vorgaben und Hinweise bzw. Anforderungen für unterschiedliche Leistungsbestandteile von Veranstaltungen formuliert. Die Vorgaben beziehen sich auf Bundesbehörden, können aber von anderen öffentlichen Auftraggebern ebenfalls als Orientierung genutzt werden:
https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975274/1953740/ebd13260efc4a78665ced24a902816d4/2021-08-25-massnahmenprogramm-nachhaltigkeit-2021-data.pdf?download=1


Projektbericht „Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“ –
Formulierungsbeispiele im Fokus (Teil C) -
Caroline von Bechtolsheim (Anwaltsbüro Gaßner, Groth, Siederer & Coll., GGSC)

Im Projektbericht wurde auf der Grundlage der Auswertung von Befragungen (durchgeführt vom Projektpartner Ramboll civity) der Versuch unternommen, neben einer Einschätzung zu den Kriterien, die Bestandteil der Befragung waren, für die von KNB ausgewählten Sektoren IT-Weiterbildung und Kurier-/Transportdienstleistungen Formulierungshilfen zu geben. Rechtsanwältin von Bechtolsheim (GGSC) stellte die Formulierungsbeispiele aus Teil C vor. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den Formulierungsbeispielen zu den Themen Gleichstellung, Ökostrom, Ressourcenschonung (Konzeptbewertung) und Entlohnung.

Rückfragen der Teilnehmenden sowie Antworten zum Vortrag:

Wären statt Kriterien zur Frauenförderung auch Förderung von Antidiskriminierungskonzepten oder Mitarbeiterschulungen zu Antirassismus etc. möglich (wenn es einen Leistungsbezug gibt)?
Ja, man könnte diese Themen einzeln oder gleichzeitig berücksichtigen. Vergaberechtlich spricht nichts dagegen, wenn der Leistungs- bzw. Auftragsbezug (s. dazu schon oben) für Kriterien, die auf die Mitarbeitenden des Bieters abzielen (z.B. für die Bewertung der Vergütung der Arbeitnehmenden) dadurch hergestellt wird, dass sich die geforderten Maßnahmen und Konzepte nur auf die zur Leistungserbringung einzusetzenden Mitarbeitenden beziehen.

Bei der Frauenförderung: Leiten Sie das Ziel nur aus Art. 3 GG ab? Oder wie begründen sie rechtlich die Berücksichtigung dieses Ziels?
Das Ziel der Frauenförderung kann auch mit weiteren rechtlichen Grundlagen und politischen Programmen begründet werden und hängt in der Abwägung auch von der zu beschaffenden Dienstleistung ab. Ein höherer Anteil von Frauen v.a. bei Führungskräften und in (für die Leistung relevanten) qualifizierten Positionen tragen als ein Kriterium zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Beruf bei. Schon § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) will u.a. Ungleichbehandlungen aufgrund des Geschlechts verhindern. Auch die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung nimmt die verstärkte Erwerbstätigkeit von Frauen in den Blick, welche auch auf die Nachhaltigkeitsziele der UN referenziert. Das Thema findet sich zum Nachlesen im Projektbericht Teil B unter I.2 „Gleichstellung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Dort in der Einführung vor a) werden auch einige gesetzliche Grundlagen angeführt, die die Gleichstellung als Anliegen des Gesetzgebers verdeutlichen.
In Teil C werden unter VII.1 a) Formulierungsvorschläge für die Berücksichtigung des Einsatzes von Frauen in Führungspositionen gegeben, wenn auch für den Bereich der IT-Weiterbildung.

Was wäre die Konsequenz, wenn die Vorgaben zum Leistungsbeginn doch nicht vorliegen? Wird dann der Vertrag ungültig und wie komme ich dann zu meiner Leistung, die ich unbedingt benötige, z.B. Bewachung?
Für diesen Fall sollten Sie tunlichst im abzuschließenden Dienstleistungsvertrag Aussagen dazu getroffen haben, wie Sie die Einhaltung der (verbindlich gebotenen) Eignungs-, Mindest- und Zuschlagskriterien durch den Bieter überwachen und sanktionieren. Zu überlegen kann sein, Vertragsstrafen zu formulieren und darauf basierend zu verhängen, Abmahnungen auszusprechen bis hin zur Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund als das „schärfste“ Schwert. Die Kündigungsgründe sollten Sie auch schon in der Ausschreibung im dortigen Vertrag bzw. den dortigen Besonderen Vertragsbedingungen für die jeweilige Dienstleistung konkret benennen.
Ungültig ist der Vertrag dann nicht, der Auftragnehmer muss sich aber Vertragsverletzungen und die Nichterfüllung wesentlicher Eigenschaften vorwerfen lassen.
Nähere Ausführungen zur Vertragsgestaltung finden sich ab S. 34 im Teil A unter VI.3. des Projektberichts.
Unglücklich wäre es, wenn sich herausstellt, dass Bieter Eignungskriterien faktisch nicht erfüllen, über die sie eigentlich schon bei Angebotsabgabe verfügen mussten. Dann würde ein schwerer Vergabefehler vorliegen, der erst recht (nach Zuschlagserteilung) vertraglich sanktioniert werden sollte – bis hin zur Kündigung.

Fall Kurierdienst: Wenn ich zu viel verlange, erhalte ich keine Angebote oder die Angebote sind so hoch, dass ich es mir nicht mehr leisten kann. In einem Fall wurden die Kosten für die Anschaffung eines E-Autos in die Kalkulation aufgenommen. Ich möchte das aber nicht bezahlen.
Hier kann sich als Problem erweisen, dass Sie gemäß dem SaubFahrzBeschG zur Berücksichtigung von Elektrofahrzeugen bzw. anderen sog. „Sauberen Fahrzeugen“ verpflichtet sind. Saubere Fahrzeuge müssen aber nicht zwangsläufig über einen Elektromotor verfügen – über Alternativen dazu können Sie sich im Gesetz informieren.
Dieses Gesetz verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber bereits zur Vorgabe bestimmter Quoten an „Sauberen Fahrzeugen“. Das gilt sowohl für den Einkauf von Fahrzeugen als auch für deren Einsatz bei definierten, zu beschaffenden Dienstleistungen im Bereich der Oberschwellenvergaben (also auch solchen zur Dienstleistungsvergabe) nach VgV oder Sektorenverordnung (SektV) – z.B. bei Fahrzeugen, die verstärkt im Straßenverkehr eingesetzt werden müssen, wie bei der Brief- und Paketbeförderung. Diese Anforderungen sollten Sie im Rahmen der Beschaffung sorgfältig prüfen. Weiterführende Hinweise finden Sie im Teil A unter IV. 4 und im Teil B unter I. 8 des Projektberichts.
Insoweit stellt sich z.B. die Frage, ob eine Ausschreibung, die unter den Anwendungsbereich des SaubFahrzBeschG fällt, wegen zu hoher Preise aufgehoben werden kann, wenn diese „zu hohen Preise“ ausschließlich aus der Einhaltung gesetzlicher Anforderungen folgen. Bislang gibt es keine Rechtsprechung dazu.
Ob dann die Abweichung von der Kostenschätzung ausreicht, wenn diese den Einsatz solcher Fahrzeuge nicht berücksichtigt, erscheint zumindest zweifelhaft und sollte sorgfältig geprüft werden.

Wie meinen Sie die Aussage, dass eine Anforderung des SaubereFahrzeugeBeschaffungsGesetzes übertroffen wird? Die dort benannte Quote bezieht sich meines Wissens nach doch auf den Bund/das Land insgesamt und nicht auf die einzelne Vergabe, oder?
Dies kann unterschiedlich ausgelegt werden. Die Quote kann sich auch auf den konkreten Auftrag beziehen oder den eigenen Fuhrpark. Sie finden die Diskussion zum Thema in Teil A (S. 28 f.). Tatsächlich hat die VK Südbayern (Beschluss vom 9.4.2025 – Verg 1/25 e) in einer aktuellen Entscheidung die Anforderung auf den Auftrag und nicht die Bundes- oder Landesquote bezogen. Auf der sicheren Seite sind Sie also bei einer auftragsbezogenen Betrachtung, zumal es für die Ermittlung bzw. Beachtung von Landesquoten – soweit ersichtlich – an vielen Stellen noch an der Umsetzung fehlt.
Die Anforderungen des Gesetzes übertreffen Sie jedenfalls bei höheren als den gesetzlich geforderten Quoten oder beim Einsatz sauberer Fahrzeuge in einem Bereich, für den dies vom Gesetz gar nicht verlangt wird.

Können Sie erläutern, wann der CPV-Code 64112000-4 "Briefpostdienste" und wann der CPV-Code 64121100-1 Postzustellung zu verwenden ist? Davon ist ja abhängig, ob das Saubere-Fahrzeug-Beschaffungsgesetz anzuwenden ist oder nicht.
In Anlage 2 zu § 3 Nr. 3 SaubFahrzeugBeschG findet sich eine Übersicht jener Verkehrsdienstleistungen, für die die Mindestziele der Clean Vehicles Directive (CVD) gelten. Diese Dienstleistungen werden dort über bestimmte CPV-Codes definiert. Genannt werden insgesamt vier CPV-Codes, darunter auch 64121100-1 (Postzustellung) – nicht aber 64112000-4 (Briefpostdienste). Die in der Anlage 2 aufgeführten CPV-Codes dienen der klassifikatorischen Abgrenzung und sind dann maßgeblich, wenn bei der Erbringung der betreffenden Dienstleistungen Fahrzeuge eingesetzt werden, die unter den Anwendungsbereich der CVD bzw. des SaubFahrzeugBeschG fallen – insbesondere Fahrzeuge der Klassen M und N.
Die VK Südbayern hat in ihrem Beschluss vom 25.7.2023 (Az.: 3194.Z-3_01-22-59) klargestellt, dass es für die Anwendbarkeit des SaubFahrzeugBeschG nicht allein auf den in der Bekanntmachung angegebenen CPV-Code, sondern auf den tatsächlichen Leistungsgegenstand der Ausschreibung nach objektiven Kriterien ankommt. Demnach können Briefdienstleistungen, die neben dem kuvertierten Versand auch vorbereitende Tätigkeiten wie Frankierung oder das Aufbringen von Klischees umfassen, sowohl unter den CPV-Code 64112000-4 (Briefpostdienste) als auch unter die für das SaubFahrzeugBeschG relevanten Codes 64121100-1 (Postzustellung) zugeordnet werden. Dies gilt selbst dann, wenn nur einzelne Leistungsbestandteile einem dieser relevanten Codes zugeordnet werden können. Entscheidend ist stets die inhaltliche Bewertung des Auftragsgegenstands und nicht ausschließlich dessen formale Einordnung (s. dazu BMV, „Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz“ Leitfaden für Vergabestellen des Bundes, der Länder und Kommunen. V 2.1, Mai 2025, v.a. S. 10 f.).
https://www.bmv.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/cvd-leitfaden-fuer-vergabestellen-saubfahrzeugbeschg.pdf?__blob=publicationFile

Für wie sinnvoll oder erforderlich halten Sie es, wenn der gesetzliche Mindestlohn als Mindestkriterium gefordert wird?
Durchaus für sinnvoll, dies wird in den meisten Landesvergabegesetzen auch verpflichtend gefordert – und hierfür werden in der Regel eigene Formulare zur Abfrage vorgesehen. Wie sich schon den Ausführungen in Teil A und einer der obigen Beantwortungen entnehmen lässt, können Sie dann über Vertragsstrafen, Schadensersatzforderungen bis hin zur Kündigungsandrohung selbst die Einhaltung des Gesetzes durch den Bieter „sanktionieren“. Würden Sie die Einhaltung nicht vertraglich fordern, wären Sie darauf verwiesen, sich an die für die Überprüfung zuständige Behörde zu wenden. Es stünde Ihnen dann bei eklatanten Verstößen voraussichtlich nur eine Kündigung aus wichtigem Grund offen. Mehr Information dazu finden Sie im Teil B unter I. 3 des Projektberichts und allgemein zur Ausgestaltung der Verträge in Teil A unter VI.3.

Wird bei der Lohnthematik auch in den Blick genommen, wie viele Stunden für eine Dienstleistung angesetzt sind? Darüber kann ja der Stundenlohn unterwandert werden, wenn bspw. die gereinigten qm2/Stunde vergleichsweise hoch angesetzt werden.
Dann sollten Sie parallel Vorgaben für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften machen, die Arbeitszeiten abfragen und auf dieser Grundlage den Stundenlohn errechnen. Auch hier helfen vertragliche Vorgaben zu Vertragsstrafen, Abmahnungen, Überprüfungen etc. (s. Teil A unter VI. 3 zum Vertrag und Teil B unter I. 3 und 4 zu Vergütungsfragen und Arbeitszeiten).

Ich würde gerne die Frage nach Berücksichtigung von nachhaltigen Aspekten bei freiberuflichen Leistungen unterstützen. Gibt es da gute Beispiele? Außerdem würde ich gerne wissen, ob es denn sinnvoll ist, wenn jede Vergabestelle nach eigenem Gutdünken entscheidet, ob ihr Frauenförderung wichtig ist oder angemessene Löhne oder Ökostromeinsatz oder .... gibt es da nicht verbindlichere Leitlinien?
Beispiele zum Einsatz von Nachhaltigkeitskriterien – auch für freiberufliche Leistungen – finden Sie in Teil B und Teil C an einigen Stellen, hier teils noch untersetzt durch Formulierungsbeispiele. Nach „Gutdünken“ können Sie natürlich nicht entscheiden. Vielmehr müssen Sie Ihrer Entscheidung zugunsten von Nachhaltigkeitskriterien eine Abwägung vorschalten, wie in Teil A beschrieben. Die dahingehende Abwägung sollten Sie auch dokumentieren, v.a. dann wenn sie Kriterien einsetzen, zu deren Anwendung sie nicht von Gesetzes wegen verpflichtet sind (s. dazu schon oben).
Es gibt natürlich auch Verpflichtungen, v.a. für Bundesauftraggeber (s.o.), aber aus Landesvergabegesetzen auch für Landesauftraggeber. Im Teil B des Berichts haben wir den Versuch unternommen, die Verpflichtungen möglichst umfassend zu ermitteln und jeweils bei den Kriterien aufzulisten.
Was die europaweite Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen angeht, erlauben wir uns ein Zitat aus Teil A des Projektberichts (dort unter V.3 Nachhaltigkeitskriterien als Zuschlagskriterien) auf S. 22:
„Speziell für die Vergabe von Architekten- und Ingenieursleistungen und v.a. den dortigen Ansatz von Zuschlagskriterien können als weitere Ausnahme die Sondervorschriften der §§ 73 ff. und v.a. § 76 VgV genannt werden. Danach dürfte ein reiner Preiswettbewerb für diese Leistungen ausscheiden: So wird jedenfalls vielerorts § 76 Abs. 1 S. 1 VgV verstanden, wonach Architekten –und Ingenieurleistungen „im Leistungswettbewerb“ vergeben werden. Hier müssen sich die Vergabestellen also umso intensiver um den Ansatz von qualitativen und strategischen Kriterien bemühen. Da liegt es auf der Hand, auch Nachhaltigkeitskriterien in den Blick zu nehmen.“

Inwiefern wurden in Ihrem Projektbericht Soziale Kriterien im Kontext von ILO Normen / Kriterien des Fairen Handels auf der operativen Ebene / dem Vorstadium der Produktion oder Herstellung diskutiert oder behandelt? Etwa am Beispiel von (textiler) Vollversorgung über Leasing-Dienstleistungen etc.?
Diesen Aspekt haben wir nicht prominent aufgegriffen, da die Aspekte des fairen Handels bei den Dienstleistungen nicht im Vordergrund standen.

Werden die erstellten Formulare im PDF-Dokument ggf. noch als Word- bzw. Excel-Datei zur Verfügung gestellt?
Die Formulierungsbeispiele werden aktuell nur als PDF-Dokument (innerhalb des Teil C und zusätzlich als herausgelöste Datei) zur Verfügung gestellt.

Besten Dank für die exemplarische Aufbereitung der Kriterien. Von besonderem Interesse ist gerade auch im Hinblick auf die Akzeptanz, die Wirksamkeit der Maßnahmen, die hinter den Nachhaltigkeitskriterien stehen. Ist eine Evaluierung der Dienstleistungskriterien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele geplant?
Nein, bisher ist keine Evaluierung der Dienstleistungskriterien in ihrer Wirksamkeit bzgl. Nachhaltigkeit geplant. Die Befragung in Teil C und auch diejenige zu Beginn des Teils A gibt aber wertvolle Hinweise auf den status quo – wenn auch in Teil C nur für die dort ausgewählten Branchen (IT sowie Kurier/Transport).

Die Formulierungsbeispiele aus Teil C finden Sie hier.


Praxisbeispiel Umweltbundesamt – Kurierdienstleistungen - Simone Ludewig (Umweltbundesamt, UBA)

Titelfolie der Präsentation von Simone Ludewig (Umweltbundesamt)Quelle: UBA

Frau Ludewig (UBA) stellte ein Praxisbeispiel zu klimaschonenden Kurierdienstleistungen aus dem Umweltbundesamt vor. Konkret ging es um den regelmäßigen Bring- und Abholdienst von Postgut und Materialien zwischen den Standorten des UBA sowie weiteren Behörden. Ziel war es, die rund 290 km langen Transportstrecken zwischen den Standorten klimaschonend zu gestalten. Im Vortrag wurden Rahmenbedingungen und nützliche Tipps sowie die Umsetzung in der Leistungsbeschreibung und Angebotswertung geteilt. Es wurde eine Wirtschaftlichkeitsprüfung anhand einer Lebenszykluskostenprognose einschließlich externer Umweltkosten durchgeführt.

Rückfragen der Teilnehmenden sowie Antworten zum Vortrag:

Welchen CO2 Preis pro Tonne habt ihr bei dem Schattenpreis gewählt?
Für CO2-Kosten wurden die in der Methodenkonvention 3.2 vom Umweltbundesamt für das Jahr 2025 empfohlenen 890 EUR / t angenommen ohne Zeitpräferenz. Auf die Zeitpräferenz wurde verzichtet, da keine erheblichen negativen sozialen Effekte durch Verwendung emissionsärmerer Technologie offensichtlich waren.

Für wie tragfähig halten Sie einen CO2-Preis, der weit jenseits des nationalen Preises für Heiz- und Kraftstoffe und des EU ETS 2 liegt?
In der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde ermittelt, dass die Umweltkosten bei Kurierdienstleistungen nur knapp 10 % an den Gesamtkosten ausmachen (z.B. haben Personalkosten einen höheren Kostenanteil). Daher war es wichtig, dass der CO2-Preis eher hoch ist, um überhaupt eine Relevanz zu erreichen und um ein vergaberechtskonformes Zuschlagskriterium zu bilden. Die Werte zur CO2-Bepreisung aus der Methodenkonvention halten wir grundsätzlich aber für eine sehr tragfähige Basis zur Bildung von Schattenpreisen, da sie auf wissenschaftlich fundierten Modellen zur Schadkostenabschätzung beruhen.

Können die Vergabeunterlagen (Leistungsbeschreibung und Zuschlagskriterien) zur Verfügung gestellt werden?
Das Praxisbeispiel wird auf der Internetseite des UBA unter beschaffung-info.de veröffentlicht. Hier sind auch Kontaktdaten zu finden, unter denen die Unterlagen angefragt werden können.

Bewirkt die Koppelung Haltedauer mit Vertragsdauer nicht eine geringere Haltedauer der Fahrzeuge? Wäre nicht eine Vorgabe der größtmöglichen Nutzungsdauer der Fahrzeuge im Sinne einer nachhaltigen Ressourcennutzung (keine Neufahrzeuge) besser?
Die Lebenszykluskosten wurden im Sinne eines möglichst engen Auftragsgegenstandsbezuges nur für die sechs Jahre der maximalen Vertragslaufzeit betrachtet. Dabei wurden z.B. auch die Vorkettenproduktion der Batterie und der Energieträger berücksichtigt. Der Fahrzeugeinsatz durch die Bieter für andere Aufträge – während der Vertragslaufzeit, davor bzw. danach – wurde nicht betrachtet, wir gehen jedoch davon aus, dass diese Faktoren sich im Angebotspreis niedergeschlagen haben.

Wie viele Angebote gab es und wie lange hat das Verfahren insgesamt gedauert?
Es wurden insgesamt drei Angebote ausgewertet. Kein Angebot musste, z. B. wegen unvollständiger Angaben zu den externe Umweltkosten, ausgeschlossen werden. Es gab einige Bieterfragen, die sich jedoch weniger auf Nachhaltigkeitsanforderungen, sondern vor allem auf Möglichkeiten zu Vertragsanpassungen bezogen. Die Frist war im Februar 2025 und im April wurde der Zuschlag erteilt.

Das Ökoinstitut entwickelt zurzeit auch eine Methode zur LZK-Berechnung; ist diese identisch mit der des UBA?
Das angesprochene LCC-CO2-Tool wurde vom Ökoinstitut im Auftrag des UBA entwickelt und im Juni 2025 veröffentlicht. Sie finden das Tool jetzt auf beschaffung-info.de.
In diesem Beschaffungsprojekt konnten wir bereits eine Testversion des Tools verwenden, um im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen vor dem Vergabeverfahren eine Treibhausgasemissionsprognose für die Alternativenprüfung anzustellen. Dabei konnten wir abschätzen, dass der Versand mit am Markt verfügbaren Standardversandanbietern die geringsten Treibhausgasemissionen verursacht. Allerdings war diese Alternative in der Gesamtbetrachtung der Lebenszykluskosten nicht die wirtschaftlichste, sodass letztlich die Kurierdienstleistung zur Ausschreibung kam.

Wie hoch war der Auftragswert bei dieser Vergabe?
Unser geschätzter Auftragswert lag bei etwa 70.000 EUR p.a.

Die Präsentation finden Sie hier.


Praxisbeispiel Stuttgart – Lieferkonzept "Letzte Meile" -
Hannah Beyer (Stadt Stuttgart)

Titelfolie der Präsentation von Hannah Beyer (Stadt Stuttgart)Quelle: Stadt Stuttgart

Frau Beyer (Stadt Stuttgart) stellte als Praxisbeispiel für eine Logistik-Dienstleistung das Lieferkonzept "Letzte Meile" der Landeshauptstadt Stuttgart (Ausschreibungsjahr 2022) vor. Die Projektidee entstand dadurch, dass großes Potential in der Kessellage der Stuttgarter Innenstadt gesehen wurde und die Notwendigkeit bestand, die Feinstaubbelastung zu reduzieren. Zudem konnte durch strategische nachhaltige Beschaffung, die Logistik als Gemeinsamkeit von nahezu allen Beschaffungsvorgängen identifiziert werden. Frau Beyer zeigte in Ihrem Vortrag Einblicke in das Projekt und Informationen zum Lieferkonzept, zu Arbeitspaketen sowie Textbausteine aus der Leistungsbeschreibung. Zusammenfassend überwiegen die Vorteile dieser Ausschreibung für Nachhaltigkeit und Effizienz die Kosten, das Projekt ist erfolgreich angelaufen. Ein Video zum Projekt finden Sie hier: https://www.instagram.com/reel/Cs3jUj8oCWP/?igshid=MzRlODBiNWFlZA==

Rückfragen der Teilnehmenden sowie Antworten zum Vortrag:

Wird bei der Bilanzierung auch die Vorkette (Scope 3), also die Herstellung der Batterie der E-Autos mit betrachtet?
Die Bilanzierung basiert auf wissenschaftlichen Studien und berücksichtigt auch die Herstellung des Fahrzeugs inkl. Batterie.

Wie genau können Sie denn die CO2-Einsparung gegenüber Lieferung mit z.B. DHL vergleichen, die ja auch E-Autos einsetzen, aber die Sendungen an Sie mit denen an andere Empfänger bündeln? Zur Konkretisierung meiner Frage: Es ging mir um einen Vergleich des Konzepts "letzte Meile" mit der Variante 'Lieferanten nutzen die marktüblichen Logistikdienstleister'. Beim Konzept "letzte Meile" wird ja eine zusätzliche städtische Verteilstation eingerichtet, von der aus die einzelnen Ämter beliefert werden. Dagegen würden z.B. DHL/DPD/UPS etc. Lieferungen an die Stadt über ihre zentralen Verteilzentren abwickeln und in ihren Fahrzeugen nicht nur Lieferungen an die Stadt, sondern auch an Privatpersonen und Unternehmen befördern. Ist die CO2-Gesamtbilanz der "letzten Meile" dann wirklich besser?
Von unserer Seite wurde kein Vergleich mit KEP-Dienstleistern durchgeführt, da diese Belieferungsform zuvor nicht umgesetzt wurde. Da die Stadt Stuttgart bei diesen Rahmenverträgen eine Lieferung "frei Verwendungsstelle" fordert und dies von den genannten KEP-Dienstleistern i.d.R. nicht umgesetzt werden kann, wurden die Lieferungen bisher durch den eigenen Fuhrpark der Lieferanten ausgeliefert.
Diese Art der Kostenstellenbelieferung stellt die Ausgangssituation und damit die zu vergleichende Situation dar.

Wurden bei der letzten Meile auch Kosten für das Zentraldepot berücksichtigt? Aufbau, Betrieb? Und: war dieses schon in irgendeiner Form schon vorhanden?
Ja, die Kosten für den Betrieb des Depots und den Aufbau wurden im Rahmen der Kostenschätzung mitberücksichtigt.
Wir konnten in der Entwicklung auf kein bestehendes Lager zurückgreifen und auch auf keine bestehenden Strukturen. Diese Kosten musste der Bieter bei seinem Angebot in der Ausschreibung mitkalkulieren.

Die Präsentation finden Sie hier.


Vergabe an einen integrativen Betrieb -
Erfahrungen aus Sicht eines Auftragnehmers -
Robert Dobrosek (Wien Work-integrative Betriebe und AusbildungsgmbH)

Titelfolie der Präsentation von Robert Dobrosek (Wien Work-integrative Betriebe und AusbildungsgmbH)Quelle: Wien Work-integrative Betriebe und AusbildungsgmbH

Herr Dobrosek (Wien-Work) stellte in seinem Vortrag die Arbeit und Erfahrungen des inlusiven Betriebs „Wien Work-integrative Betriebe und AusbildungsgmbH“ dar, welcher auch Auftragnehmer einer aktuellen Ausschreibung der Stadt Wien ist. Diese schrieb einen Rahmenvertrag zur Herstellung und Montage von Systemküchen aus. Die Einbindung integrativer Betriebe in öffentliche Ausschreibungen sichert und erweitert Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen. So kann soziale Nachhaltigkeit in der Beschaffung umgesetzt werden.

Die Einordnung des Vortrags ins deutsche Vergaberecht und weitere Hinweise zum Thema Inklusion bei Dienstleistungen finden Sie zum einen im Projektbericht in Teil B, als auch auf den Folien der KNB des Fachtags.

Rückfragen der Teilnehmenden sowie Antworten zum Vortrag:

Wie ist das bei der Auftragsausführung, gibt es da bestimmte Bedürfnisse zu berücksichtigen?
Die Personen in unserem Betrieb haben unterschiedliche Einschränkungen. Es arbeiten hier z.B. gehörlose und sehbehinderte Personen oder Autistinnen und Autisten. Wichtig dabei zu betonen ist, dass alle Personen in ihrer Tätigkeit ausgebildet sind (z.B. Tischler) und dementsprechend die gleiche handwerkliche Qualität liefern. Vor Ort merken Sie als Auftragnehmer also auch den Unterschied nicht. In der Regel ist auch jemand vor Ort dabei, um die Kommunikation mit dem Auftragnehmer zu gewährleisten, bei Bedarf können z.B. auch Gebärdendolmetscher eingesetzt werden. Die bei uns tätigen Personen werden in unserem Betrieb auch angemessen entlohnt, sie erhalten also sozusagen nicht nur ein „Taschengeld“, um es überspitzt zu formulieren.

Die Präsentation finden Sie hier.


Unterarbeitsgruppe Dienstleistungen des IMA nöB
Christian Gerber (Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, BMUKN)

Titelfolie der Präsentation von Christian Gerber (BMUKN)Quelle: BMUKN

Herr Gerber (BMUKN) stellte die Aufgaben und bisherige Tätigkeit der Unterarbeitsgruppe Dienstleistungen des IMA nöB seit ihrer Einsetzung Ende 2023 vor. Nach der Abfrage standardisierbarer Dienstleistungen in den teilnehmenden Ressorts, wird seither an einem Leitfaden gearbeitet. Der Leitfaden soll 14 Dienstleistungen bzw. Prozessbausteine unter dem Gesichtspunkt einer möglichst nachhaltigen Beschaffung behandeln. Zwischenzeitlich wurde auch eine Stakeholder-Beteiligung eingeleitet.

Rückfragen der Teilnehmenden sowie Antworten zum Vortrag:

Wie greift der Praxisleitfaden in den Projektbericht „Dienstleistungen nachhaltig beschaffen“, der Aufhänger dieser Veranstaltung ist?
Der Praxisleitfaden hat das Ziel, Hinweise, Empfehlungen und Hilfestellungen zum Thema explizit für die Bundesverwaltung zu geben. Der Projektbericht adressiert neben der Bundesverwaltung, auch Länder und Kommunen. Darüber hinaus werden der Praxisleitfaden und der Projektbericht aufeinander abgestimmt sein. Das heißt, dass es an geeigneten Stellen Verweise auf den Projektbericht geben wird.

Die Präsentation finden Sie hier.


Highlights und gemeinsame Einordung - Ilse Beneke (KNB)

Zusammenfassend wurden verschiedene Highlights des Fachtags aufgezeigt. Die Vielzahl an Möglichkeiten zur Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien bei Dienstleistungsvergaben konnte durch die Vorträge eindrücklich präsentiert werden. Es wurde betont, dass es bei der nachhaltigen Beschaffung von Dienstleistungen nicht „den einen Weg“ gibt und eine Abwägung von Nachhaltigkeitskriterien (siehe Teil A des Projektberichts) wichtig ist.

Rückfragen der Teilnehmenden sowie Antworten zum Vortrag:

Wird das Thema Nachhaltigkeit im Projektbericht auch bei Beratungsleistungen, wie z.B. durch Unternehmensberatungen oder Rechtsanwälte, erörtert? Oder auch allgemein bezüglich freiberuflicher Leistungen?
Ja. Der Projektbericht zielt durch seine Struktur darauf ab, dass verschiedene Prozessbausteine von Dienstleistungen nachhaltig gestaltet werden können. Die rechtlichen Abwägungen in Teil A, die Nachhaltigkeitskriterien in Teil B und insbesondere die Beispiele aus dem Bereich IT-Weiterbildungsleistungen eignen sich auch für die oben genannten Beratungsleistungen.

Die Präsentation finden Sie hier.

Sie haben konkrete Fragen zu Nachhaltigkeit bei Dienstleistungen in der Beschaffung und zum Fachtag oder benötigen Hinweise zu Kontakten und der praktischen Umsetzung? Die KNB steht für Rückfragen gerne zur Verfügung unter nachhaltigkeit@bescha.bund.de oder telefonisch unter +49 228-99610-2345.