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Rückblick zum kooperativen Online-Fachtag von UBA, BAköV und KNB zur AVV Klima

Datum 03.01.2023

Am 22. November 2022 organisierte die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung in Kooperation mit dem Umweltbundesamt und der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung einen halbtägigen Online-Fachtag zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima). Die AVV Klima ist seit dem 01.01.2022 in Kraft und gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Einrichtungen der unmittelbaren Bundesverwaltung. Aufgrund des umfangreichen Geltungsbereiches war die Teilnahme an der Veranstaltung ohne Anmeldung möglich, sodass bis zu 190 Personen angemeldet waren.

Auf diesem Bild wird die Begrüßungsfolie des Fachtages gezeigt. Es sind die Logos der Organisatoren und das Datum der Veranstaltung zu sehen.Quelle: eigene Darstellung


Nachfolgend möchten wir einen kurzen Rückblick über die Inhalte der Fachtagung geben. Die Agenda sowie alle freigegebenen Präsentationen finden Sie am Ende des Artikels.

Zur Eröffnung des Fachtages haben die jeweiligen Leitungen der organisatorisch beteiligten Einrichtungen die Möglichkeit genutzt, einleitende Worte zu sagen.

Prof. Dr. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, hob die öffentliche Beschaffung als einen wichtigen Hebel für die Steigerung der Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten und Dienstleistungen hervor, gerade mit Blick auf die Erreichung der deutschen Klimaschutzziele. Ein entscheidender Ansatzpunkt sei hierbei vor allem eine Fokussierung auf den Energieverbrauch der zu beschaffenden Produkte. Ferner gelte es, das Bewusstsein für die wahren Kosten der Produkte und Dienstleistungen zu schärfen, insbesondere durch eine anspruchsvolle CO2-Bepreisung und der Anwendung eines entsprechenden Schattenpreises. Auch die Berücksichtigung der Treibhausgasemissionen des gesamten Lebenszyklus der zu beschaffenden Leistungen seien für klimafreundliche Beschaffungsvorhaben von großer Bedeutung. Um all diese Punkte adäquat berücksichtigen zu können, sei eine solide Datenlage wichtig, die aktuell noch eine Herausforderung darstelle. Das UBA wird aber im Rahmen eines Forschungsvorhabens für eine Auswahl an Produktgruppen und Dienstleistungen Empfehlungen erarbeiten, wie die AVV Klima umgesetzt werden könnte. Die Ergebnisse werden über www.beschaffung-info.de zur Verfügung gestellt.

Dr. Ruth Brand, Präsidentin des Beschaffungsamtes des BMI, ging anschließend darauf ein, dass Klimafreundlichkeit in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verstärkt in den Fokus der Beschaffungspraxis rücken werde. In Anbetracht der vielen neuen und qualitativ anspruchsvollen rechtlichen Rahmenbedingungen mit Bezug zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Beschaffung, benötige deren praktische Umsetzung allerdings noch etwas Zeit. Ein Senkrechtstart und somit eine sofortige, vollumfängliche Umsetzung ist nach Frau Dr. Brands Auffassung nicht realistisch. Auch müsse den Märkten die Zeit gegeben werden, sich entsprechend entwickeln zu können. Strategisch versucht man sich im Beschaffungsamt bereits darauf einzustellen und verfolgt unter anderem eine EMAS-Zertifizierung. Darüber hinaus wurden verschiedene Dokumente wie etwa der Nachhaltigkeitsvermerk erstellt, um die Beschaffenden zu unterstützen. Ferner werden für die Beschaffungsreferate Nachhaltigkeitsberatende eingestellt, um die Kolleginnen und Kollegen bei deren Beschaffungsvorgängen zu unterstützen. Auch die Kennzeichnung im Kaufhaus des Bundes wird Schritt für Schritt hinsichtlich der Produkte mit nachgewiesenen Nachhaltigkeitskriterien verbessert. Deswegen ist Frau Dr. Brand sehr an der praktischen Umsetzung und den Ansichten der Referenten sowie Teilnehmenden interessiert und freut sich auf die Umsetzung, auch wenn diese noch nicht perfekt ist.

Monika Elschner als Direktorin der Lehrgruppe 5 der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung freute sich ebenfalls über die Zusammenarbeit und betonte nochmals die unterschiedlichen Formate zur Nachhaltigkeitsbildung, mit denen die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung das Thema unterstützt. Hierdurch würden mehrere tausende Beschäftigte in der Bundesverwaltung erreicht und somit ein wertvoller Beitrag geleistet. Das Portal www.ifosbund.de enthält hierüber umfangreiches Informationsangebot.

Nach der Begrüßung startete Dr. Markus Jankowski (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) mit dem Vortrag "Die AVV Klima – neue Regeln für eine klimafreundliche Beschaffung". Er fasste die Entwicklung der Verwaltungsvorschrift von der vorangegangenen Version der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung energieeffizienter Leistungen (AVV-EnEff) über das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung bis hin zum Klimaschutzgesetz zusammen. Darauf aufbauend erläuterte er die Neuerungen der AVV Klima und ging auch auf die Wirtschaftlichkeitsrechnung für den Zuschlag inklusive der Berücksichtigung des CO2-Schattenpreises ein. Es ist geplant, die AVV Klima einer Evaluation zu unterziehen und in Richtung einer AVV umweltfreundliche öffentliche Beschaffung weiterzuentwickeln.

Darauf aufbauend ging Dr. Kristin Stechemesser (Umweltbundesamt) in einen "„Deep Dive“ AVV Klima: Praktische Umsetzung vom Ausschlusskriterium über CO2-Schattenpreis und Lebenszykluskosten bis hin zur Zuschlagserteilung". Der Deep Dive begann mit einer Übersicht der Vorgaben für eine nachhaltige Beschaffung und zeigte dann die (neuen) Herausforderungen aus dem Bundes-Klimaschutzgesetz sowie der AVV Klima auf. Es wurde deutlich, wie tief diese Vorgaben in die einzelnen Stufen im Vergabeverfahren eingehen. Die AVV setzt bereits einen Fokus auf den Auftragsgegenstand und beinhaltet eine Prüf-, Berücksichtigungs- und Bevorzugungspflicht für klimafreundliche Leistungen sowie Leistungen, die nicht beschafft werden dürfen. Neben weiteren Vorgaben für die Bedarfserhebung gab Frau Dr. Stechemesser Hinweise zur Auswahl des Auftragsgegenstandes, der Leistungsbeschreibung und dem weiteren Beschaffungsprozess sowie Exkurse zu Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus, zur Ermittlung von Lebenszykluskosten und CO2-Schattenpreisen. Abschließend wurde noch auf das Forschungsvorhaben zur Umsetzung der AVV Klima und die Produktgruppenauswahl hingewiesen. Die Erkenntnisse aus dem Forschungsvorhaben werden auf der Webplattform des UBA veröffentlicht und auch die vorgestellten Tools sind über www.beschaffung-info.de zu finden.

Als nächste Referenten stellten Dr. Kerstin Röhling und Dr. Ingmar Bredies (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) die KKB – Koordinierungsstelle Klimaneutrale Bundesverwaltung vor. Frau Dr. Röhling ging auf den gesetzlichen Auftrag gemäß des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) ein und erläuterte die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand sowie deren aus dem KSG hervorgehenden Verpflichtung, die Bundesverwaltung bis 2030 klimaneutral zu organisieren. Dies betrifft Handlungsfelder wie z. B. Liegenschaften, Mobilität, Kantinen und auch die Beschaffung von insgesamt circa 130 Behörden und Institutionen auf Bundesebene. Die KKB unterstützt hierbei u.a. bei der Datenerfassung zum Monitoring für das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit, bei der Umsetzung von Maßnahmen, die beispielsweise Energieeinsparungen oder Energiesicherheit betreffen, bei Pilotprojekten und auch bei der Einführung des Umweltmanagementsystems EMAS. Darüber hinaus erstellt die KKB gegenwärtig erstmals eine Klimabilanz, welche die Grundlage des Maßnahmenprogramms klimaneutrale Bundesverwaltung bildet.

Ahmed Demir (Bundesrechnungshof) stellte anschließend Nachhaltigkeit als Gegenstand von Prüfungen des Bundesrechnungshofes vor. Zunächst ging Herr Demir auf die Aufgaben des Bundesrechnungshofes ein und erläuterte dessen Organisation und Arbeitsweise. Er erklärte, dass Nachhaltigkeit kein eigener Prüfungsmaßstab sei. Denn der Bundesrechnungshof prüfe die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. Das Thema Nachhaltigkeit sei aber Gegenstand eines übergreifenden strategischen Prüfungsansatzes im Bundesrechnungshof, in den alle Prüfungsgebiete eingebunden seien. Hierzu zählten erstens die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, zweitens Maßnahmen und Programme mit Nachhaltigkeitsbezug sowie drittens die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Die Bundesregierung habe das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit beschlossen, um Nachhaltigkeit im Verwaltungshandeln zu berücksichtigen. Der Bundesrechnungshof prüfe daher die Umsetzung des Maßnahmenprogramms einheitlich in allen Ressorts. Herr Demir stellte diesen Prüfungsansatz vor und ging beispielhaft auf einige Feststellungen ein. Als eine Ursache für die Mängel sah er, dass das Maßnahmenprogramm oftmals nicht als Auftrag für die Umsetzung konkreter Maßnahmen, sondern lediglich als Berichtswesen verstanden werde. Herr Demir hob in diesem Zusammenhang hervor, dass das Maßnahmenprogramm die Aufforderung an Behörden und Einrichtungen des Bundes sei, Nachhaltigkeit in ihrem Verwaltungshandeln zu leben. Bezüglich der AVV Klima betonte er die Wichtigkeit, Klimaziele in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu berücksichtigen. Zum Abschluss seines Vortrages plädierte Herr Demir für einen einheitlichen CO2-Schattenpreis, um ein einheitliches Verwaltungshandeln zu gewährleisten.

Zum Abschluss des inhaltlich umfangreichen Fachtages stellte Sven Schirmer der ÖBB Holding AG Möglichkeiten zur Monetarisierung von Treibhausgasemissionen in öffentlichen Beschaffungsvorhaben vor. Zunächst ging Herr Schirmer auf den Unterschied zwischen direkten und indirekten Treibhausgasemissionen gemäß gängigen Bilanzierungsmethodiken wie dem GHG Protocol ein. Um diese ausreichend bei der Bewertung von Angeboten berücksichtigen zu können, entwickelte die ÖBB ein eigenes Excel-basiertes Tool. Bei der vorangegangenen Markterkundung von Tools zur Berechnung von Lebenszykluskosten stellte sich nach Herrn Schirmers Angaben heraus, dass es für den Geschäftsbereich der ÖBB kein Angebot gibt, das unabhängig von Produktgruppen Treibhausgasemissionen vergaberechtssicher für verschiedenste Beschaffungsprojekte berücksichtigen kann. Mit der Entwicklung eines eigenen, flexibel anpassbaren Tools ist für die ÖBB eine Bewertung nach ökologischen, ökonomischen, sozialen und qualitativen Kriterien möglich. Nachdem Herr Schirmer die grundlegende Berechnungsmethodik des Tools vorstellte, ging er auf die erforderlichen Eingabedaten ein. So sind einige Informationen wie etwa die funktionale Einheit oder die geforderte Menge vom Auftraggeber vorzugeben. Andere Informationen, wie etwa Energieverbrauch oder Transportlänge und Gewicht müssen wiederum von den Bietern zur Verfügung gestellt werden. Mit Blick auf Treibhausgasemissionen zeichnet sich die Flexibilität des Tools dahingehend aus, als dass sogenannte Environmental Product Declarations (EPD) – sofern die Bieter diese für ihre Produkte vorliegen haben – bei der Bewertung der Angebote mithilfe des Tools berücksichtigt werden. Sollten diese nicht vorliegen, müssen die Bieter ihre Primärdaten bezüglich des Energieverbrauchs oder der Produktmaterialen zur Verfügung stellen. Den Hauptteil des Vortrages machte die Vorstellung des Tools anhand eines praktischen Beispiels (Beschaffung von Laptops) aus. Bei Interesse wird das Tool sowie eine zur Nutzung notwendige Schulung kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Zusammenfassend lassen sich zwei grundsätzliche Erkenntnisse des Fachtages ausmachen: Für die Beschaffenden ist festzuhalten, dass es in Ordnung ist, nicht alle Antworten griffbereit zu haben. Als wichtige Schritte werden zunächst eine Plausibilitätsprüfung und die mit der Anwendung der AVV Klima einhergehende Dokumentationspflicht erachtet. Unterstzützungsangebote, wie beispielsweise das Forschungsprojekt des Umweltbundesamts, machen Fortschritte und werden schnellstmöglich zur Verfügung gestellt.

Die KNB unterstützt sehr gerne bei Fragen zur AVV Klima in der Beschaffung und bei der Vernetzung von Kontakten zur praktischen Umsetzung. Kontaktieren Sie uns gerne unter nachhaltigkeit@bescha.bund.de oder telefonisch unter +49 228-99610-2345.