Rückblick zum KNB-Fachtag: "Herausforderungen zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft - Praktische Ansätze in der Beschaffung"
Am 12. Mai 2022 fand der halbtägige Online-Fachtag „Herausforderungen zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft - Praktische Ansätze in der Beschaffung“ statt, organisiert und veranstaltet von der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB) im Beschaffungsamt des BMI. Insgesamt haben über 80 Beschafferinnen und Beschaffer sowie Interessierte aus unterschiedlichen Bereichen in ganz Deutschland an der Fachtagung teilgenommen.
Hintergrund des Fachtags ist der § 45 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), welcher seit Oktober 2020 die Behörden des Bundes dazu verpflichtet, Erzeugnissen bei der Beschaffung den Vorzug zu geben, die eine Kreislaufführung auf unterschiedliche Weise von vornherein unterstützen.
Nachfolgend möchten wir Ihnen einen kurzen Rückblick über die Inhalte der Fachtagung geben. Die Agenda und (freigegebenen) Präsentationen zur Fachtagung finden Sie am Ende des Artikels.
Dr. Ruth Brand, Präsidentin des Beschaffungsamtes des BMI, eröffnete den Fachtag mit einleitenden Worten. Sie betonte, dass bereits erste Erfahrungen bei der Umsetzung des KrWG gesammelt wurden, die Lernkurve in der öffentlichen Beschaffung aber noch bevorsteht. Hierfür sei eine gemeinsame Weiterentwicklung notwendig, um Hürden zu überwinden.
Anschließend führte Ilse Beneke, Leiterin der KNB, im Hinblick auf eine Kreislaufwirtschaft thematisch in die Veranstaltung ein. Die nachfolgenden Vorträge wurden praxisnah gestaltet und die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, sich in Diskussionsrunden auszutauschen.
Mit dem ersten Vortrag zum Thema „Rechtlichen Vorgaben nachhaltiger Beschaffung nach §45 KrWG“ startete Barbara Friedrich aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Hervorgehoben wurde der mit der Novelle des KrWG im Jahre 2020 einhergehende Wechsel von einer Prüf- zu einer Bevorzugungspflicht, sodass umweltbezogene Aspekte im Sinne der Kreislaufwirtschaft in der öffentlichen Beschaffung nicht mehr optional, sondern verpflichtend sind. Die Abfallhierarchie in § 6 KrWG verdeutlichte die an erster Stelle stehende Vermeidung von Abfall als oberstes Ziel. Langfristig soll die am 01.01.2022 in Kraft getretene AVV-Klima weiterentwickelt werden und auch Aspekte der Kreislaufwirtschaft einbeziehen.
Anschließend stellte Dr. Kristin Stechemesser aus dem Umweltbundesamt das Gütezeichen „Blauer Engel“ vor. Der Blaue Engel stellt für viele Produktgruppen in der öffentlichen Beschaffung ein essentielles Gütezeichen dar, da bei der Erstellung der Vergabekriterien auf eine sichere Anwendung in der öffentlichen Beschaffung geachtet wird. Ein umfassender Blick auf das KrWG wird beim Blauen Engel gewährleistet. Bei der öffentlichen Beschaffung kann somit ein pauschaler Verweis hierauf erfolgen oder einzelne Vergabekriterien genutzt werden. Die Vergabekriterien wurden am Beispiel von Textilien in Bezug auf den Produktlebenszyklus in der Kreislaufwirtschaft anschaulich dargestellt.
Dr. Thimo Brähler und Dr. Stefan Flege aus dem Beschaffungsamt des BMI präsentierten zwei Praxisbeispiele, Feldbetten und Container, im Hinblick auf eine kreislauforientierte Beschaffung. Bei beiden Praxisbeispielen stand eine vorangehende Marktrecherche im Vordergrund. Herausforderungen stellten fehlende Gütezeichen für diese speziellen Produktgruppen sowie ein kleiner Bieterkreis dar. Bei den Feldbetten wurden, neben standardmäßiger Langlebigkeit durch Reparierbarkeit sowie der Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Zuschlagskriterien für recyceltes Metall vergeben. Bei den Containern sollte eine Dauernutzung und die Wiederverwertbarkeit der Baustoffe sichergestellt werden. Somit wurde als Ausschlusskriterium festgelegt, dass mindestens 90 % der Baustoffe wiederverwendbar sein müssen. Der Verzicht auf Verklebungen spielte für die Erfüllung dieser Anforderung eine wesentliche Rolle. Die Praxisbeispiele haben gezeigt, dass auch bei speziellem Bedarf, wenn es nicht um Standardprodukte geht, Aspekte der Kreislauffähigkeit eingebracht werden können. Da bei speziellem Bedarf i.d.R. keine Gütezeichen vorhanden sind, ist hier die Erfahrung der Beschafferinnen und Beschaffer besonders wichtig.
Im Anschluss stellte Patrick Alex aus der Stadt Ludwigsburg eine nachhaltige Beschaffung nach Cradle to Cradle vor. Cradle to Cradle bedeutet „von der Wiege zur Wiege“ und steht für eine konsequente und geschlossene Kreislaufwirtschaft. Die Stadt Ludwigsburg hat in ihrer Dienstanweisung zur nachhaltigen Beschaffung beschlossen, die Beschaffung an diesem Prinzip auszurichten und bindend für alle Beschaffungen der Stadtverwaltung einzufordern. Dabei sollen mindestens 20 % Cradle to Cradle in die Bieterbewertung einfließen. Praxisbeispiele waren Büromaterial, Reinigungsmittel, Büromöbel, Kehrmaschine, Putztücher Mietservice, Repräsentationsgeschenke und die Grundschule Fuchshof, die mit modularer Holzbauweise und Recyclingbeton gebaut wurde, um eine sortenreine Trennbarkeit der Materialien für ein Recycling sicherzustellen.
Jens Loschwitz vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE) verdeutlichte in seinem Vortrag, warum die öffentliche Beschaffung ein Instrument für mehr Recycling und Kreislaufwirtschaft sein kann und präsentierte praktische Beispiele für kreislauforientierte Produkte. Zu Beginn hob er hervor, dass ohne Kreislaufwirtschaft die Klimaschutzziele nicht erreicht werden können. Mit dem Satz „Recycling fängt beim Einkauf an“ verdeutlichte Jens Loschwitz, dass in Kreisläufen gedacht werden und der Verbrauch von Primärrohstoffen sinken muss. Es wurde festgehalten, dass eine Marktrecherche bei jeder Ausschreibung lohnenswert ist, da sich Unternehmen auf dem Gebiet stetig weiterentwickeln. Als langfristiges Ziel wird ein EU Recycling Label oder ein deutsches Label gesehen, welches als Ziel bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgeschrieben ist.
Abschließend trug Benjamin Hein vom Deutschen Institut für Normung (DIN) den Nutzen von Normen und Standards in der Circular Economy für die öffentliche Beschaffung vor. Er betonte, dass eine Kreislaufwirtschaft ohne Normen und Standards nicht umsetzbar sei, da diese den Handel vereinfachen, Vergleichbarkeit schaffen sowie Effizienz und Qualität steigern. Hervorgehoben wurde, dass Normen Investitionssicherheit für Unternehmen schaffen. Dies sei notwendig, um die Angebotslage auf Unternehmensseite sicherzustellen. Benjamin Hein lud zur Gestaltung eines nachhaltigen Einkaufs durch die Normungsroadmap Circular Economy oder durch die Mitarbeit in Normungsgremien der DIN ein. Die Roadmap soll Ende des Jahres 2022 veröffentlicht werden. Bis dahin kann man sich auf der Kollaborationsplattform DIN.ONE informieren, vernetzen sowie mit Expertinnen und Experten austauschen.
Die KNB unterstützt sehr gerne weiterhin beim Thema Kreislaufwirtschaft in der Beschaffung und bei der Vernetzung von Kontakten zur praktischen Umsetzung. Kontaktieren Sie uns gerne unter nachhaltigkeit@bescha.bund.de oder telefonisch unter +49 228-99610-2345.