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Regelungen zur nachhaltigen Beschaffung

Im Folgenden finden Sie die Eckpunkte und Inhalte zu weiteren Vorgaben, die bei der Beschaffung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen zu berücksichtigen sind.

Stand: 09.06.2023

Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit (BReg) 2021

Adressatenkreis

Das Maßnahmenprogramm gilt – falls bei den einzelnen Maßnahmen nichts Abweichendes geregelt ist – für alle Behörden und Einrichtungen der unmittelbaren sowie der mittelbaren Bundesverwaltung (insbes. Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts), bei der mittelbaren Bundesverwaltung, soweit fachaufsichtsrechtliche Befugnisse gegenüber diesen Behörden und Einrichtungen bestehen (…). In diesem Rahmen sind die Ressorts dafür verantwortlich, dass das Maßnahmenprogramm in ihrem Verantwortungsbereich umgesetzt wird und die darin formulierten Ziele der Bundesregierung erreicht werden.

Ab welchem Zeitpunkt sind diese Vorgaben zu beachten?

Das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit wurde am 25. August 2021 von der Bundesregierung beschlossen. Es wurde erstmals im Jahr 2010 beschlossen. Die aktuelle Weiterentwicklung von 2021 ist somit bereits die zweite Weiterentwicklung des Programms, womit die Version vom 30. März 2015 abgelöst wurde.

Welche Inhalte sind für öffentliche Beschaffungsstellen relevant?

Kapitel IV „Beschaffung“ richtet sich direkt an die öffentliche Beschaffung. Nachfolgend findet sich ein kurzer Überblick zu den einzelnen Maßnahmen, die detaillierten Ausführungen können im Programm nachgelesen werden.

Zur Strukturierung der Prozesse für eine strategische nachhaltige Beschaffung innerhalb der Behörden und Einrichtungen enthält Maßnahme IV detaillierte Vorgaben, mit dem Ziel die öffentliche Beschaffung weiter am Leitprinzip der nachhaltigen Entwicklung auszurichten.

  1. Verstärkte Zentralisierung, auch im Hinblick auf die Nutzung von Know-How zu nachhaltiger Beschaffung
  2. Anpassung und Weiterentwicklung hausinterner Regelungen und deren Durchsetzung mit dem Verweis auf bereits bestehende Regelungen
  3. Rolle der Vergabestellen als Förderer und Berater für nachhaltige Beschaffung etablieren
  4. Benennung einer Ansprechperson gegenüber der KNB, die mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist
  5. Verweis auf die Relevanz der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Zusammenarbeit von Beschaffungsstelle und Bedarfsträgern
  6. Teilnahme an Schulungen und am Erfahrungsaustausch
  7. Verweis auf Beschaffungen über das Kaufhaus des Bundes
  8. Vorgaben zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in Vergabevermerken sowie die Begründungspflicht bei etwaiger Nichtberücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten

Das Kaufhaus des Bundes (KdB) wird als zentrale Stelle für die nachhaltige Beschaffung von standardisierten Produkten und Dienstleistungen ausgebaut. Dies umfasst unter anderem die Weiterentwicklungen im Bereich Nachhaltigkeitskennzeichnungen auf Produktebene und die schrittweise Umstellung der Rahmenvereinbarungen auf ein verpflichtend abzurufendes ausschließlich nachhaltiges Angebot.

Es wird ein Interministerieller Ausschuss für nachhaltige öffentliche Beschaffung (IMA nöB) unter der Federführung von BMI und BMWK (ehem. BMWi) gegründet mit dem Auftrag zur Steuerung und Koordinierung der Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Beschaffung einschließlich etwaiger Vorgaben. Die Aufgaben des IMA nöB umfassen unter anderem die Identifizierung und Priorisierung standardisierbarer Produkte und Dienstleistungen im KdB unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, die Festlegung der Nachhaltigkeitskriterien und der Anforderungen an Beschaffungen des Bundes unter Einbeziehung der zentralen Beschaffungsstellen sowie weiterer Stakeholder.

Die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB) wird als zentrale Beratungs- und Informationsstelle ausgebaut, insbesondere im Bereich Schulungen und Beratungen und im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Ländern.

In der Anlage 1 sind konkrete Anforderungen an die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen und spezifische Kriterien für einzelne Produktgruppen aufgeführt:

  • Prüfung geeigneter Standards für die Berücksichtigung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in der öffentlichen Beschaffung.
  • Soweit einschlägig, sind Langlebigkeit und Reparierbarkeit in die Vergabeentscheidungen einzubeziehen.
  • Spezielle Bestimmungen für einzelne Produktgruppen:
  1. IT-Beschaffung bei Hardware und Zubehör
  2. Kopierpapier
  3. Papierdruckerzeugnisse
  4. Wasch- und Reinigungsmitteln
  5. Nachhaltige Textilbeschaffung
  6. Arbeitsschuhe
  7. Möbel
  • Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Biodiversitätsschutz bei der Beschaffung von Lebensmitteln und Catering-Dienstleistungen (inkl. Kantinen) sowie zur Beschaffung von ausschließlich ressourcenschonend und biodiversitätsfördernd produzierten Papierprodukten und Druckerzeugnissen werden innerhalb der Bundesregierung geprüft.

Im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Kommunen wird das Angebot von BMZ und BMUV/UBA zur nachhaltigen Beschaffung kontinuierlich ausgebaut. Dies umfasst unter anderem die Weiterentwicklung der Informationsplattform Kompass Nachhaltigkeit, des Netzwerk Faire Beschaffung, sowie die Unterstützung im Umgang mit Lebenszykluskosten und dem weiteren Ausbau von guten Praxisbeispielen.

Hinweis: Neben den in Maßnahme IV zur Beschaffung aufgeführten Vorgaben sind auch in anderen Maßnahmen beschaffungsrelevante Vorgaben enthalten. Vorrangig sind dies:

  • III Mobilität: Für den Fuhrpark wird festgelegt, dass bei der Beschaffung oder (dauerhaften) Anmietung von Fahrzeugen der Klassen M1 und N1 Kraftfahrzeuge mit alternativen und umweltschonenden Antriebstechnologien (Batterieelektro-, Brennstoffzellen- oder Hybridelektrofahrzeuge) zu wählen sind. Weitere Ausführungen hierzu sind dem entsprechenden Kapitel zu entnehmen.
  • V Veranstaltungen
  • VI Kantinen/Gemeinschaftsverpflegung

Bestehen Wechselwirkungen oder Ergänzungen zu anderen Vorgaben? Gibt es Ausnahmen?

Im Maßnahmenprogramm wird an vielen Stellen auf bestehende Vorgaben verwiesen. Dies bedeutet, dass in einigen Bereichen keine neuen Regelungen erlassen wurden, sondern Bestehendes gebündelt zusammengefasst wird.

  • § 13 Bundes-Klimaschutzgesetz
  • § 45 Kreislaufwirtschaftsgesetz
  • AVV Klima
  • Holzerlass

Ausnahmen sind bei ausschließlich militärischem Bedarf bzw. im Falle von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen möglich (…), siehe hierzu IV. 2. e)

Kreislaufwirtschaftsgesetz

Adressatenkreis

Behörden des Bundes (siehe § 45 Abs. 1 KrWG)

Auf der Ebene der Länder ist das jeweilige Landesabfallgesetz zu beachten. Im Niedersächsischen Abfallgesetz (NAbfG) ist z.B. bereits die Bevorzugung von umweltfreundlichen Produkten geregelt. Wir empfehlen hierfür den Leitfaden „Regelungen der Bundesländer auf dem Gebiet der umweltfreundlichen Beschaffung“.

Ab welchem Zeitpunkt sind diese Vorgaben zu beachten?

29.10.2020

Welche Inhalte mit Bezug zur Beschaffung gibt es?

Beim Einkauf sollen z.B. Produkte explizit "bevorzugt" werden, die rohstoffschonend, abfallarm, reparierbar, schadstoffarm und recyclingfähig sind, sofern keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen (Bevorzugungspflicht statt bisheriger bloßer "Prüfung", § 45 KrWG).

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG Novelle 2020) sieht für die öffentliche Hand in § 45 Abs. 2 KrWG vor, bei der Beschaffung oder Verwendung von Material und Gebrauchsgütern, bei Bauvorhaben und sonstigen Aufträgen Erzeugnissen den Vorzug zu geben […].

Diese Pflicht betrifft, die Bevorzugung von Erzeugnissen die

  1. in rohstoffschonenden, energiesparenden, wassersparenden, schadstoffarmen oder abfallarmen Produktionsverfahren hergestellt worden sind,
  2. durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder durch Recycling von Abfällen, insbesondere unter Einsatz von Rezyklaten, oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt worden sind,
  3. sich durch Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit auszeichnen oder
  4. im Vergleich zu anderen Erzeugnissen zu weniger oder schadstoffärmeren Abfällen führen oder sich besser zur umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung eignen.

Ohne einen Rechtsanspruch Dritter:
Die Regelung beinhaltet nach § 45 Abs. 2 S. 1 KrWG keinen Schutz der Bieter (Dritter). Das bedeutet, einem Bieter erwachsen hieraus keine Ansprüche, auf die er berechtigt eine Rüge stützen könnte oder in einem Nachprüfungsverfahren obsiegen würde.

Bestehen Wechselwirkungen oder Ergänzungen zu anderen Vorgaben? Gibt es Ausnahmen?

Ergänzend:
Je Produktgruppe sollten zusätzlich die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes bzw. der AVV Klima, des Maßnahmenprogramms Nachhaltigkeit oder weitere Regelungen mit beachtet werden. Dies ist jeweils im Einzelfall je Produktgruppe zu prüfen.

Ausnahmen (§45 Abs. 2 S.2 KrWG):

  • Eignung für Verwendungszweck
  • keine unzumutbaren Mehrkosten
  • Einhaltung anderer Rechtsvorschriften
  • Gewährleistung ausreichenden Wettbewerbs
  • keine Begründung von Rechtsansprüchen Dritter
  • Beachtung des Vergaberechts und § 7 BHO
  • Weiterhin Prüfpflicht bei VSVgV-Verfahren

Informationsveranstaltungen (z.B. KNB-Schulungen) zu diesem Thema

Praxisbeispiele (z.B. Umsetzung im BeschA)

Praxisbeispiele sind in der Nachschau zum Fachtag Kreislaufwirtschaft zu finden.

Wo findet man weitere Informationen?

BMUV Themenseite zur Kreislaufwirtschaft

BMUV Eckpunkte der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

UBA Rechtgutachten umweltfreundliche öffentliche Beschaffung

Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz

Adressatenkreis

Öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber auf Bundes- und Landesebene

Ab welchem Zeitpunkt sind diese Vorgaben zu beachten?

15.06.2021

Welche Inhalte mit Bezug zur Beschaffung gibt es?

Zur Umsetzung der Clean Vehicles Directive (CVD) regelt das Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz (SaubFahrzeugBeschG) prozentuale Mindestziele und deren Sicherstellung bei der Beschaffung bestimmter Straßenfahrzeuge und Dienstleistungen, deren Einsatz mit den im Gesetz definierten Fahrzeugklassen gewährleistet werden.

Die Mindestziele gelten für:

  • Verträge über Kauf, Leasing oder Anmietung von Straßenfahrzeugen
  • öffentliche Dienstleistungsaufträge (z.B. ÖPNV-Busse)
  • Dienstleistungsaufträge über Verkehrsdienste (z.B. Paket- und Postdienste, Abholung von Siedlungsabfällen)

In zwei Referenzzeiträumen (02.08.2021 – 31.12.2025; 01.01.2026 – 31.12.2030) definiert das Gesetz neben den oben erwähnten Beschaffungsquoten (§ 6) Emissionsgrenzwerte (§ 2, Anlage 1) für saubere Pkw sowie leichte und schwere Nutzfahrzeuge.

Gemäß § 5 SaubFahrzeugBeschG haben die Bundesländer die Einhaltung der Mindestziele durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber zu überwachen. Sofern die in § 6 festgeschriebenen Mindestziele innerhalb eines Bundeslandes insgesamt erreicht werden, können die Länder für ihren Zuständigkeitsbereich zulassen, dass öffentliche Auftraggeber die Mindestziele nicht einhalten, wenn diese durch andere Auftraggeber übererfüllt werden.

Ferner haben die Länder bei vorliegender Über- beziehungsweise Unterfüllung der Mindestziele die Möglichkeit, ein gemeinsames Mindestziel zu bilden, um so unterschiedlichen Gegebenheiten zwischen urbanen Ballungsräumen und ländlich geprägten Regionen Rechnung zu tragen.

Die aus dem Gesetz resultierenden Dokumentationspflichten sowie die entsprechende Berichterstattung werden in § 8 und § 9 SaubFahrzeugBeschG geregelt.

Bestehen Wechselwirkungen oder Ergänzungen zu anderen Vorgaben? Gibt es Ausnahmen?

Wechselwirkungen:

  • Bundes-Klimaschutzgesetz
  • Klimaschutzprogramm 2030
  • AVV Klima
  • AVV Saubere Fahrzeuge (in Erstellung)
  • Sektorenverordnung
  • § 68 VgV hat keinen Bestand mehr

Ausnahmen werden in § 4 SaubFahrzeugBeschG definiert.

Informationsveranstaltungen (z.B. KNB-Schulungen) zu diesem Thema

Wo findet man weitere Informationen?

BMDV - FAQs zur Umstezung der Clean Vehicle Directive (CVD) in Deutschland

BMDV - Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge

Klimaschutzgesetz

Adressatenkreis

Träger öffentlicher Aufgaben

Ab welchem Zeitpunkt sind diese Vorgaben zu beachten?

Am 31. August 2021 ist die Novelle des Klimaschutzgesetzes in Kraft getreten.

Welche Inhalte mit Bezug zur Beschaffung gibt es?

Gemäß § 13 Klimaschutzgesetz (KSG) besteht für Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen die Pflicht, den Zweck des Gesetzes sowie die darin festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Somit ist auch bei der öffentlichen Beschaffung zu prüfen, wie zum Erreichen der nationalen Klimaschutzziele nach § 3 KSG beigetragen werden kann. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima), die seit dem 01.01.2022 gilt, konkretisiert die Prüf- und Berücksichtigungspflichten der Bundesverwaltung vor und während des Vergabeverfahrens.

Nach § 13 Abs. 1 KSG ist für die Verursachung oder Vermeidung von Treibhausgasemissionen ein CO2-Preis zu berücksichtigen, für den mindestens der nach § 10 Abs. 2 Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG) gültige Mindestpreis oder Festpreis zugrunde zu legen ist.
Kommen mehrere Alternativen für die Bedarfsdeckung in Betracht, ist gemäß § 13 Abs. 2 KSG denjenigen Alternativen der Vorzug zu geben, welche die geringsten Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus aufweisen. Im Sinne der Wirtschaftlichkeit sind hierbei diejenigen Leistungen zu bevorzugen, welche das Ziel der Minderung von Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus zu den geringsten Kosten realisieren. Mehraufwendungen sollen also nicht außer Verhältnis zu ihrem Beitrag zur Treibhausgasminderung stehen. Mit Blick auf die Klimafreundlichkeit verschiedener Produkte und Leistungen spielen hierbei beispielsweise Energieeffizienzklassen, oder, soweit vorhanden, Gütezeichen eine wichtige Rolle.

Gemäß § 13 Abs. 3 KSG sind bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung solche Kriterien anzulegen, welche die dem Bund entstehenden Kosten und Einsparungen über den jeweiligen gesamten Lebenszyklus der Beschaffung zugrunde legen.

Bestehen Wechselwirkungen oder Ergänzungen zu anderen Vorgaben? Gibt es Ausnahmen?

Wechselwirkungen:

  • AVV Klima
  • Kreislaufwirtschaftsgesetz
  • Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit der Bundesregierung
  • SaubFahrzeugBeschG

Das Klimaschutzgesetz ist in Einklang mit anderen Normen und Gesetzen zu verstehen, insbesondere mit dem Vergaberecht und der Bundeshaushaltsordnung (§ 7). So sollen beispielsweise keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen und ausreichender Wettbewerb gewährleistet werden. Ferner besteht kein Rechtsanspruch Dritter.

Informationsveranstaltungen (z.B. KNB-Schulungen) zu diesem Thema

Praxisbeispiele

Praxisbeispiele werden schnellstmöglich ergänzt.

Wo findet man weitere Informationen?

BMUV Bundes-Klimaschutzgesetz

BMUV Lesefassung des Bundes-Klimaschutzgesetzes 2021 mit markierten Änderungen zur Fassung von 2019

Text des Bundes-Klimaschutgesetz

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen

UBA Lebenszykluskosten

UBA Schulungsskipt 2: Einführung in die Berechnung von Lebenszykluskosten und derern Nutzung im Beschaffungsprozess

UBA Rechtgutachten umweltfreundliche öffentliche Beschaffung

AVV Klima

Adressatenkreis

Öffentliche Aufraggeber auf Bundesebene

Ab welchem Zeitpunkt sind diese Vorgaben zu beachten?

01. Januar 2022

Welche Inhalte mit Bezug zur Beschaffung gibt es?

Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima) gilt für die Vergabe öffentlicher Aufträge durch Dienststellen des Bundes in unmittelbarer Bundesverwaltung nach

  1. Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Verbindung mit der Vergabeverordnung (VgV)
  2. der Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeverordnung – UVgO)
  3. Abschnitt 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A).

Die Verwaltungsvorschrift verfolgt den Zweck, eine klimafreundliche Beschaffung durch Bundesbehörden zu gewährleisten. Insbesondere soll mit der AVV Klima sichergestellt werden, dass die von den zu beschaffenden Leistungen verursachten Treibhausgasemissionen im Vergabeverfahren hinreichend Berücksichtigung finden. Die Verwaltungsvorschrift dient somit der Erreichung der Ziele aus § 3 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) und der Umsetzung von § 13 sowie 15 § KSG.

Die AVV Klima beinhaltet in § 2 konkrete Prüf- und Berücksichtigungspflichten klimafreundlicher Leistungen vor Einleitung des Vergabeverfahrens sowie in § 4 Vorgabepflichten für das Vergabeverfahren an sich. § 4 bezieht sich hierbei insbesondere auf die Erstellung der Leistungsbeschreibung und die Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots. Die AVV Klima adressiert somit Bedarfsträger und Vergabestellen gleichermaßen. Als Novum sind in § 3 beziehungsweise Anlage 1 Leistungen genannt, die aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes nicht beschafft werden dürfen.

Als Weiterentwicklung der AVV EnEff wird der Energieeffizienz der zu beschaffenden Leistungen weiterhin eine zentrale Bedeutung beigemessen. So ist, soweit vorhanden, die zum Zeitpunkt der Beschaffung höchste Energieeffizienzklasse oder das höchste erreichte Leistungsniveau an Energieeffizienz über den gesamten Lebenszyklus der Leistung (Herstellung, Nutzung, Wartung sowie Abholung, Recycling oder Entsorgung nach Beendigung der Nutzung) zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 AVV Klima)

Lebenszykluskostenbetrachtungen sind für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots gemäß § 4 Abs. 4 AVV Klima ab einem voraussichtlichen Auftragswert von 10.000 € verpflichtend anzuwenden, um beispielsweise die Energieeffizienz in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung adäquat zu berücksichtigen. Für diese haben Vergabestellen nach § 4 Abs. 5 der Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit, ab einem voraussichtlichen Auftragswert von 10.000 € von allen Bietern konkrete Angaben zum Energieverbrauch und zur Emission von Treibhausgasen über den gesamten Lebenszyklus der Leistung zu fordern.

Die Beachtung von Treibhausgasemissionen und somit der Klimafreundlichkeit der zu beschaffenden Leistungen kann neben der oben erwähnten Negativliste (vgl. § 3) als zweites bedeutendes Novum der AVV Klima erachtet werden. Von Seiten der Bedarfsträger ist, soweit mit vertretbarem Aufwand möglich, bereits im Rahmen der Bedarfsfeststellung eine Prognose der verursachten Treibhausemissionen über den gesamten Lebenszyklus einzubeziehen. Kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht, ist die wirtschaftlichste Handlungsalternative zu bestimmen. In Abwägung mit anderen relevanten Kriterien bezüglich des Beschaffungszwecks ist solchen Leistungen der Vorzug zu geben, mit denen das Ziel einer Minderung von Treibhausgasemissionen (gesamter Lebenszyklus) zu den geringsten Kosten erreicht werden kann (vgl. § 2 Abs. 2).

Zur monetären Bewertung der Treibhausgasemissionen ist im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gemäß § 4 Abs. 4 AVV Klima ein CO2-Schattenpreis zugrunde zu legen, mindestens der nach § 10 Abs 2 Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) gültige Fest- oder Mindestpreis. Sofern von den im BEHG festgelegten Mindestpreisen abgewichen wird, ist dies in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu dokumentieren.

Neben Lebenszykluskostenbetrachtungen und der Monetarisierung von Treibhausgasemissionen soll, soweit vorhanden und bei der konkreten Beschaffung anwendbar, auf Gütezeichen verwiesen werden, beispielsweise auf die des Blauen Engels oder des Europäischen Umweltzeichens (vgl. § 4 Abs 2). Darüber hinaus kann zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit ein Umweltmanagementsystem gefordert werden, sofern ein Bezug zum Leistungsgegenstand besteht und ein hinreichender Verbreitungsgrad bei dem zu erwartenden Bieter- beziehungsweise Bewerberkreis abzusehen ist.

Für die Anwendung der AVV Klima ist die damit einhergehende Dokumentationspflicht hervorzuheben - insbesondere wenn Vorgaben der Verwaltungsvorschrift, oder Teile davon, nicht ausreichend berücksichtigt werden können.

§ 2 Prüf- und Berücksichtigungspflichten

Bedarfsträger (Abs. 1 – 3)

  • Energieeffizienz
  • Prognose THG-Emissionen
  • Abwägung Neukauf vs. Reparatur etc.
  • THG-Minderung zu den geringsten Kosten
  • Monetäre Bewertung CO2-Emissionen (BEHG)

Vergabestelle (Abs. 4)

  • Hinweispflicht bei Bedarfsabfargen

§ 4 Vorgabepflichten für das Vergabefahren (Vergabestelle)

Erstellung der Lesitungsbeschreibung (Abs. 1 - 3)

  • Berücksichtigung der Ergebnisse § 2 Abs. 1 & 2
  • Höchste Energieeffizienzklasse
  • Verweis auf Gütezeichen
  • Nachweis Leistungsfähigkeit: Umweltmanagementsysteme

Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots (Abs. 4, ab 10.000 € Auftragswert)

  • Berücksichtigung Lebenszykluskosten
  • Kosten durch externe Effekte der Umweltbelastung
  • Monetäre Bewertung CO2 -Emissionen (BEHG)
  • Ausnahmen siehe Abs. § 4 Abs. 1 & 2

Überprüfung der Vorgaben nach § 4 Abs. 5 (ab einem Auftragswert von 10.000 €)

Vom Bieter vorzulegende Informationen:

  • Konkrete Angaben zum Energieverbrauch (gesamter Lebenszyklus)
  • Konkrete Angaben zu THG-Emissionen (gesamter Lebenszyklus)
  • Analyse minimierter Lebenszykluskosten

Prozess der AVV Klima wird mit Hilfe eines Pfeils dargestelltQuelle: eigene Darstellung

Bestehen Wechselwirkungen oder Ergänzungen zu anderen Vorgaben? Gibt es Ausnahmen?

Wechselwirkungen:

  • Klimaschutzgesetz
  • Brennstoffemissionshandelsgesetz
  • Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit der Bundesregierung
  • Kreislaufwirtschaftsgesetz

Die AVV Klima ist in Einklang mit anderen Normen und Gesetzen zu verstehen, insbesondere mit dem Vergaberecht und der Bundeshaushaltsordnung (§ 7). So sollen beispielsweise keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen und ausreichender Wettbewerb gewährleistet werden. Ferner besteht kein Rechtsanspruch Dritter.

Informationsveranstaltungen (z.B. KNB-Schulungen) zu diesem Thema

  • Schulungsmodul A,B (Grundlagen) der KNB-Schulungen
  • Schulungsmodul D,P (inhaltliche Vertiefung)

Praxisbeispiele

Praxisbeispiele werden schnellstmöglich ergänzt.

Wo findet man weitere Informationen?

AVV Klima
Umweltbundesamt Lebenszykluskosten
Umweltbundesamt Schulungsskript 2
Bundesemissionshandelsgesetz

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Adressatenkreis

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland zur Achtung von Menschenrechten durch die Umsetzung definierter Sorgfaltspflichten.

Ab welchem Zeitpunkt sind diese Vorgaben zu beachten?

  • ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
  • ab 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Welche Inhalte mit Bezug zur Beschaffung gibt es?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überprüft die Einhaltung des Gesetzes und kontrolliert, ob die betroffenen Unternehmen ihre gesetzlichen Sorgfaltspflichten angemessen erfüllen.
Zu den konkreten Aufgaben gehören dabei:

  • zu überprüfen, ob Unternehmen ihrer Berichtspflicht nachkommen
  • die Durchführung von Kontrollen
  • Verstöße festzustellen, zu beseitigen und zu verhindern
  • die Verhängung von Zwangs- und Bußgeldern nach Pflichtverletzungen

Mit Inkrafttreten des LkSG ergeben sich Änderungen bzw. Anpassungen des GWB (§ 124 Abs. 2) und des Wettbewerbsregistergesetzes. Auswirkungen auf die Praxis hat das vor allem in Hinblick auf das Wettbewerbsregister. Denn ab dann werden auch rechtskräftige Bußgeldentscheidungen ab einer Höhe von 175.000 EUR nach dem LkSG durch das Bundeskartellamt in das Wettbewerbsregister eingetragen.

Vergaberechtlicher Ausschlussgrund nach § 22 LkSG
Hat ein Unternehmen nachweislich gegen die Vorschriften des LkSG verstoßen und ist mit einem Bußgeld von mindestens 175.000 EUR belegt worden, so soll dieses vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Eine Abfrage und Prüfung erfolgt mittels eines Wettbewerbsregisterauszuges.

Für detaillierte Ausführungen siehe André Siedenberg, Vergaberechtliches Gutachten, 2022 (Link unten).

Bestehen Wechselwirkungen oder Ergänzungen zu anderen Vorgaben? Gibt es Ausnahmen?

§ 124 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Wettbewerbsregistergesetz

Wo findet man weitere Informationen?

Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

André Siedenberg für Engagement Global, Vergaberechtliches Gutachten, 2022: Auswirkungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auf die Beschaffung von Kommunen und kommunalen Unternehmen - Neue Impulse für die Beschaffung der öffentlichen Hand